von Benno Luthiger
Ein PC-Benutzer geht normalerweise davon aus, dass gute Software wertvoll
ist und deshalb etwas kostet. Es ist nachvollziehbar, dass solche Benutzer
erstaunt sind, wenn sie das erste Mal mit Open-Source-Software in Kontakt
kommen, erst recht, wenn die Software von überzeugender Qualität
ist. Wie kommt es, dass Personen solche Software schreiben und freigeben,
wenn sie mit dieser Software viel Geld verdienen könnten?
In diesem Artikel wird im ersten Kapitel gezeigt, wie das Paradox des
Open-Source-Phänomens aufgelöst werden kann, indem die geeignete
Perspektive eingenommen wird. Nicht die Softwarefirmen, sondern die einzelnen
Softwareentwickler sind die Aktoren, welche die Existenz von Open-Source-Software
erklärbar machen.
Im folgenden Kapitel wird dargelegt, dass eine ganze Reihe von Motivationen
die Open-Source-Entwickler zu ihrer Tätigkeit anspornen. Die immer
zahlreicheren empirischen Untersuchungen zu Open-Source-Software bestätigen
die Existenz dieser Motivationen weitgehend. Was allerdings noch fehlt,
sind Abschätzungen über die Relevanz dieser verschiedenen Beweggründe.
Im dritten Kapitel wird das Forschungsprojekt "Fun and Software
Development" (FASD) vorgestellt. Dieses Forschungsprojekt ist Teil
der Promotion des Autors am Institut für betriebswirtschaftliche
Forschung der Universität Zürich. Ziel der FASD-Studie ist es,
den Anteil, den Spaß bei der Entstehung von Open-Source-Software
spielt, möglichst genau zu bestimmen. Zu diesem Zweck werden mit
einem Online-Fragebogen mindestens 2000 Open-Source-Entwickler sowie ca.
1000 Entwickler in kommerziellen Softwarefirmen befragt. Die Umfrage wird
im ersten Halbjahr 2004 durchgeführt. Erste Ergebnisse werden Ende
2004 erwartet.
1. Benutzer-Programmierer als Open-Source-Aktoren
Mit Software kann man viel Geld verdienen. Sowohl der Einsatz wie auch
die Erzeugung von Software machen erhebliche Gewinne möglich. Dazu
kommt, dass Computer und softwaregesteuerte Apparate den Alltag, vor allem
den geschäftlichen, durchdringen. Diese Erfahrungen machen es naheliegend,
Phänomene im Zusammenhang mit Software in erster Linie durch die
wirtschaftliche Brille zu betrachten... (Auszug)
Benno Luthiger hat an der Universität Zürich theoretische Physik studiert (Abschluss 1988) und 1997 ein zweites Studium in Ethnologie abgeschlossen. Parallel dazu arbeitete er etliche Jahre als Software-Entwickler. Seit 2001 befasst er sich intensiv mit Open-Source-Software. Im Rahmen des Forschungsprojekts FASD am Institut für betriebswirtschaftliche Forschung der Universität Zürich untersucht er die theoretischen Aspekte dieses Software-Entwicklungsmodells. Als Fachperson für Open Source der Informatikdienste der ETH Zürich beschäftigt er sich mit den technologischen Fragen von quelloffener Software.