von Margit Osterloh, Sandra Rota und Bernhard Kuster
1. Einleitung
Während langer Zeit war der Begriff Open Source nur in der Informatikbranche
bekannt. Seit Kurzem interessiert sich jedoch auch die Innovationsforschung
für das Phänomen. Das ist kein Zufall, handelt es sich hier
doch um ein möglicherweise völlig neues Innovationsmodell, das
folgende drei Fragen aufwirft (Kogut und Metiu 2001):
Die Beantwortung dieser Fragen wirft zugleich Licht auf die Bedingungen,
unter denen die Produktionsweise von Open-Source-Software auch auf andere
Bereiche übertragen werden kann. Schon heute gibt es Projekte, die
nach ähnlichen Prinzipien funktionieren (Barbera 1999, Benkler
2002). Beispiele sind die NASA Clickworkers (ein Projekt, bei dem
Freiwillige Krater auf dem Mars klassifizieren), Slashdot (ein Forum zum
Kommentieren und Klassifizieren von Artikeln) und das Projekt Gutenberg
(Scannen und Korrekturlesen von Büchern, deren Urheberrechte
abgelaufen sind). Gemeinsames Charakteristikum dieser Projekte ist die
freiwillige kollektive Innovation unter weitgehendem Verzicht auf private
geistige Eigentumsrechte. Ähnlich wie in weiten Bereichen der
wissenschaftlichen Produktion tauschen die Mitglieder dieser virtuellen
Gemeinschaften untereinander Beiträge aus, ändern oder verbessern
sie, ohne Lizenzverträge abschließen zu müssen.
Im Folgenden werden wir die eingangs gestellten Fragen am Beispiel von
Open Source beleuchten. In Abschnitt zwei zeigen wir, inwiefern das Open-Source-Modell
vom traditionellen ökonomischen Innovationsmodell abweicht. Der Hauptunterschied
besteht darin, dass bei der Open-Source-Softwareproduktion unentgeltlich
zu einem öffentlichen Gut beigetragen wird. In Abschnitt drei bilden
wir eine Typologie von Akteuren in der Open-Source-Szene anhand ihrer
Motivation, zum öffentlichen Gut beizutragen.
In Abschnitt vier zeigen wir, dass die "Tragödie der Allmende"
bei der Produktion von Open-Source-Software auf zwei Ebenen überwunden
werden muss. In Abschnitt fünf fragen wir, unter welchen Bedingungen
das Open-Source-Modell generalisiert werden kann. Wir unterscheiden dazu
motivationale, situative und institutionelle Faktoren. Ihr Zusammenspiel
ermöglicht eine erfolgreiche Zusammenarbeit ohne die Bedingungen,
die bisher als die Voraussetzung erfolgreicher Innovation galten:
Privates geistiges Eigentum der einzelnen Akteure oder die zentrale
Autorität eines Unternehmers. Wir kommen zum Ergebnis, dass das neue
Innovationsmodell nur dann verstanden werden kann, wenn man motivationale
Faktoren, insbesondere die Dynamik von intrinsischer und extrinsischer
Motivation, in die Betrachtung einbezieht... (Auszug)
Margit Osterloh, Prof. Dr., ist ordentliche Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisationslehre, am Institut für betriebswirtschaftliche Forschung der Universität Zürich. Die Forschungsschwerpunkte von Margit Osterloh sind Organisationstheorie, Innovations- und Technologiemanagement und Frauen in der Unternehmung.
Sandra Rota, Lic. oec. Publ., ist seit 1999 Doktorandin und Forschungsassistentin am Lehrstuhl für Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement von Frau Prof. Dr. M. Osterloh an der Universität Zürich. In ihrer Forschung befasst sie sich mit der Rolle von intellektuellen Eigentumsrechten in kooperativen Innovationsprozessen. Ihre Arbeiten zum Thema Open Source beschäftigen sich hauptsächlich mit der Frage, unter welchen Bedingungen kollektive Innovationsprozesse ohne die Zuteilung individueller intellektueller Eigentumsrechte auskommen.
Bernhard Kuster, Lic. Phil., arbeitet seit seinem Abschluss des Studiums der Soziologie an der Universität Zürich als Forschungsassistent am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. M. Osterloh. Zur Zeit schreibt er seine Dissertation über Open-Source-Software. Bernhard Kuster ist dabei vor allem daran interessiert, welches die Gründe für den Erfolg von Open-Source-Software sind und inwiefern man daraus allgemeine theoretische Erkenntnisse über Innovation gewinnen kann.