von Thomas Wieland
Zusammenfassung
Freie und Open-Source-Software stößt bei einer wachsenden Zahl
von Unternehmen auf Interesse, wobei die meisten lediglich an eine
Nutzung bestehender Software denken, manche aber auch eigene Entwicklungen
freigeben wollen. Damit die Entscheidung für den Einsatz von bzw.
das Engagement für freie und Open-Source-Software nicht nur "aus
dem Bauch heraus" getroffen werden muss, ist eine sorgfältige
Analyse der individuellen Situation der Firma notwendig. Diese setzt natürlich
voraus, dass nicht nur die Besonderheiten dieser Art von Software bekannt
sind, sondern auch deren Stärken und Schwächen, Potenziale und
Bedrohungen. In diesem Beitrag soll ein knapper Überblick über
die wichtigsten Aspekte aus diesen vier Kategorien gegeben werden, um
den unternehmerischen Entscheidungsprozess zu erleichtern und einige Hilfestellungen
zur Auswahl zu geben. Dabei stehen naturgemäß hauptsächlich
strategische und wirtschaftliche Gesichtspunkte im Vordergrund; die
unbestreitbaren technischen Vorteile werden an anderer Stelle in diesem
Band bereits ausführlich gewürdigt.
Einleitung
Bei immer mehr Firmen und Behörden wächst das Interesse an freier
und Open-Source-Software (im Folgenden kurz OSS). Zunächst nutzen
sie sie lediglich, wie sie bisher auch proprietäre Software genutzt
haben, beispielsweise aus Gründen der Kostensenkung. Gerade Entwickler
in Industrie- oder Dienstleistungsunternehmen stellen oft jedoch
mit der Zeit fest, dass die eine oder andere OSS-Bibliothek oder -Anwendung
eine ausgezeichnete Grundlage für die eigene Produktentwicklung
darstellen würde. Damit wird die Verflechtung mit der so genannten
"Open-Source-Szene" immer enger und natürlich auch komplizierter.
Schließlich kommt auch eine wachsende Zahl von Unternehmen zu dem
Schluss, dass sie eigene Software als Open Source freigeben wollen.
Die Diskussion um Open Source wird mittlerweile in einer so breiten Öffentlichkeit
geführt, dass so ziemlich jeder Verantwortliche in Unternehmen, die
Informationstechnologien einsetzen, schon einmal mit dem Thema in
Kontakt kam. Die Gefühlslage kann dabei schnell von einer Ablehnung
aus einer vagen Unsicherheit heraus bis hin zu Begeisterung für die
Idee schwanken. Der derzeitige allgegenwärtige Hype für
OSS trägt noch ein Übriges dazu bei. Doch unternehmerische Entscheidungen
sollten nicht aus unbestimmbaren Gefühlen heraus getroffen werden
- und auch nicht nur als Nachahmung eines Trends. Jeder Verantwortliche
sollte anhand einer Reihe von konkreten Argumenten für seinen
Einzelfall entscheiden, ob der Einsatz von bzw. das Engagement für
freie und Open-Source-Software in seiner Firma sinnvoll ist oder nicht...
(Auszug)
Thomas Wieland, Dr., ist seit 2002 Professor für Telematik, Mobile Computing und Computergrafik an der Fachhochschule Coburg. Nach seiner Promotion an der Universität Bayreuth arbeitete er für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen an großen Softwaresystemen für die Verarbeitung von Satellitendaten und anschließend mehrere Jahre für die Abteilung Corporate Technology der Siemens AG in München. Dort leitete er ein Forschungsteam im Bereich flexible Dienstvernetzung und Mobile Computing. Außerdem betreute er eine konzernweite Informationsplattform zu Linux und Open Source. Dr. Wieland war Gründungschefredakteur der Zeitschrift "Linux Enterprise" (2000-2001).