von Karsten Weber
Wie alles in der Welt der Informations- und Kommunikationstechnologie
und der Informationsgesellschaften sind die Open-Source- und Free-Software-Bewegung
vergleichsweise jung: Ihre historischen Wurzeln liegen in den 1980er Jahren.
Nichtsdestotrotz haben sie in kurzer Zeit erhebliche Wirkungen im Bereich
der Softwareentwicklung und auf dem Markt für Software erzielt. Gezeigt
wurde, dass es möglich ist, hochwertige Programme und ein komplettes
Betriebssystem inklusive zahlreicher Anwendungen durch die hoch verteilte
Tätigkeit freiwillig zusammenarbeitender Menschen zu entwickeln.
Auf dieser Basis ist eine Alternative zu den proprietären Betriebssystemen
und Office-Produkten des Quasi-Monopolisten Microsoft entstanden
und neue Bewegung in die Softwaremärkte hineingetragen worden.
Die Historie non-proprietärer Software ebenso wie Technik, Einsatzmöglichkeiten
und Bedeutung für den Softwaremarkt werden in anderen Beiträgen
des vorliegenden Bandes kompetent diskutiert; im vorliegenden Text
soll auf philosophische Grundlagen quelloffener Software eingegangen und
versucht werden, zukünftige Entwicklungen vorwegzunehmen. Allerdings
müssen diesem Unterfangen einige Anmerkungen vorangestellt werden,
um Fehlinterpretationen zu vermeiden:
1. Insbesondere die Diskussion der philosophischen Grundlagen muss als
Rekonstruktion verstanden werden. Es ist plausibel, die quelloffener
Software zu Grunde liegenden Ideen mit libertären sowie zum Teil
auch kommunitaristischen Positionen der politischen und Sozialphilosophie
zu identifizieren, doch muss dies nicht heißen, dass alle Proponenten
non-proprietärer Software dem zustimmen würden oder sich
dieser Hintergründe bewusst wären. Der hier gewählte Zugang
ist systematisch orientiert und greift die historische Entwicklung
des Libertarismus nicht auf; stattdessen sollen dessen zentrale Ideen
und ihre Verbindung zu quelloffener Software vorgestellt werden... (Auszug)
Karsten Weber, Dr. phil., ist Philosoph und lehrt zurzeit am Lehrstuhl für Philosophische Grundlagen Kulturwissenschaftlicher Analyse der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Nach einer Ausbildung zum EDV-Kaufmann studierte er Philosophie, Informatik und Soziologie in Karlsruhe, promovierte 1999 über ein interdisziplinäres Thema zwischen Wissenschaftstheorie und analytischer Philosophie des Geistes und habilitierte sich zum Thema "Ethik der Informationstechnologie" an der Europa-Universität Viadrina. 1996-99 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Studium Generale und beim Deutsch-Russischen Kolleg der Universität Karlsruhe.