von Thomas Zimmermann
1. Einleitung - Wer bewegt wen oder was?
Seit Beginn der 1980er Jahre hat sich im Bereich der Software, ausgehend
von einer Initiative einiger Softwareentwickler, ein Phänomen etabliert,
das bis heute eine kurze, aber bewegte Entwicklungsgeschichte aufweisen
kann: Freie Software (Free Software - FS) und seit 1998 Offene Quellen
(Open Source - OS). Die Vordenker der an diesem Prozess beteiligten
Programmierer nehmen dabei nicht weniger für sich in Anspruch, als
eine soziale Bewegung zur Erhaltung und Durchsetzung von essenziellen
Grundfreiheiten im virtuellen Raum zu sein. Diese Freiheiten definiert
der Gründer der Free Software Foundation (FSF) Richard Stallmann
wie folgt:
Im Angesicht der historischen Entwicklung sozialer Bewegungen zu einer
gesellschaftspolitischen Formation mit bis heute bedeutender Funktion
für "politischen Wandel von Unten" in Demokratien soll
dieser Anspruch hier einer sozialwissenschaftlichen Überprüfung
unterzogen werden.
Für den Themenkomplex "soziale Bewegung" sind die Sozialwissenschaften
zuständig. Diese existieren bereits länger als die Informatik.
Im Vergleich zu den Naturwissenschaften sind sie jedoch ebenfalls
eine verhältnismäßig junge Disziplin. So erklärt
sich auch, dass die Bewegungsforschung als Fachrichtung für die Untersuchung
sozialer Bewegungen erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand. Sie
ist ursprünglich als der Versuch zu interpretieren, das für
den damaligen Zeitraum politisch bedeutendste Phänomen der sozioökonomischen
Entwicklung zu erklären: die Arbeiterbewegung - "die
Mutter der sozialen Bewegung".
Die Industrielle Revolution hatte zu diesem Zeitpunkt über einen
Zeitraum von gut 100 Jahren die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Strukturen Europas grundlegend verändert. Die zentrale technische
Innovation dieser Zeit war die mechanische Maschine, die, angetrieben
durch die Verbrennung fossiler Energieträger, den Kern einer neuen
ökonomischen Ära stellte. Diese Entwicklung hatte mit zeitlicher
Verzögerung einschneidende Auswirkungen auf die ehemals durch agrarische
Verhältnisse bestimmte Lebenswelt eines Großteils der Bevölkerung
Europas... (Auszug)
Thomas Zimmermann ist Sozialwissenschaftler und seit 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kolleg für Management und Gestaltung Nachhaltiger Entwicklung Berlin tätig und dort für die Bereiche E-Learning und IT-Projektmanagement zuständig. Er hat Studium an der Humboldt-Universität Berlin mit einer Diplomarbeit zum Thema "New Economy - veränderte sozio-ökonomische Rahmenbedingungen der Arbeit in der informationalen Wirtschaft" im Jahr 2002 abgeschlossen. Seine derzeitigen Arbeitsschwerpunkte sind "Informationale Ökonomie" sowie "Freie und offene sozio-ökoonomische Strukturen."