von Joachim Henkel und Mark Tins
Ein Artikel aus dem Open Source Jahrbuch 2005, Kapitel Technik. Lizenzierung:
Unternehmen tragen in stark steigendem Maße zur Entwicklung von Open-Source-Software (OSS) bei. Einen besonderen Fall von kommerzieller OSS-Entwicklung stellt "Embedded Linux" dar, also Varianten von Linux, die an den Gebrauch in "eingebetteten Systemen", wie z. B. Maschinensteuerungen und Handys, angepasst sind. Während Unternehmen wie IBM und Sun OSS aus strategischen Gründen und als Komplement zu ihren Produkten unterst ützen, stellt Embedded Linux für Gerätehersteller einen festen Bestandteil ihres Produktes dar, für spezialisierte Softwareunternehmen sogar ihr Kerngesch äft. Daher wird die Entscheidung, eigene Entwicklungen zu Embedded Linux öffentlich zu machen, wesentlich vorsichtiger und selektiv getroffen. Es wird beschrieben, welche Schutzmöglichkeiten Unternehmen trotz der General Public License zur Verfügung stehen und in welchem Ausmaß Code trotz dieser Schutzmöglichkeiten freigegeben wird. Eine Analyse der Motive für eine Freigabe zeigt, dass externe Entwicklungsunterstützung tatsächlich als wichtiger Vorteil wahrgenommen wird. Für Softwareunternehmen, vor allem kleinere, spielt zudem der Marketingaspekt eine Rolle. Als begünstigend für OSS-Prozesse erweist sich die Tatsache, dass der Technologiebedarf im Bereich Embedded Linux extrem heterogen ist. Reines Trittbrettfahren ist daher kaum möglich; vielmehr müssen Unternehmen fast immer gewisse Anpassungen und Weiterentwicklungen bestehenden Codes vornehmen. Die rapide Verbreitung von Embedded Linux hat Konsequenzen für die gesamte Branchenstruktur der eingebetteten Betriebssysteme. Zum einen wird auch auf Anbieter proprietärer Betriebssysteme Druck ausgeübt, ihren Kunden den Quellcode verfügbar zu machen. Zum anderen reduziert Embedded Linux die Markteintrittsbarrieren, so dass eine zunehmende Fragmentierung des Marktes zu erwarten ist. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass trotz des weitgehend kommerziellen Umfeldes - Hobby-Entwickler spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle - OSS-Entwicklungsprozesse im Bereich Embedded Linux sehr gut funktionieren.
Joachim Henkel (Prof. Dr.) ist Inhaber des Dr. Theo Schöller Stiftungslehrstuhls für
Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität München.
Er studierte in Bochum und Bonn, promovierte am Graduiertenkolleg "Allokation
auf Finanz- und Gütermärkten" der Universität Mannheim und habilitierte sich 2004
an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit zu Open-Source-Aktivitäten
von Unternehmen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Mark Tins (Dipl.-Kaufm.) studierte Betriebswirtschaftslehre an der
Ludwig-Maximilians-Universität München.
Seine Schwerpunkte waren Innovationsmanagement
am Lehrstuhl von Prof. Dietmar Harhoff und Informations- und Kommunikationsmanagement
am Lehrstuhl von Prof. Arnold Picot. Im Rahmen seiner Ausbildung
verbrachte er jeweils einen mehrmonatigen Studienaufenthalt in Ohio, USA und an
der Katholieke Universiteit in Leuven, Belgien. Im Februar 2004 schloss er sein
Studium mit der empirischen Diplomarbeit zum Thema "Informelle Entwicklungskooperationen
in der Embedded Software Branche" ab. Seit Anfang 2004 ist er im
Produktmanagement in der Mobilfunkbranche tätig.